In einer neuen Meta-Analyse (gemeinsame Auswertung der Daten verschiedener Studien) ist jetzt erneut das bekannt erhöhte Risiko für Speiseröhrenkrebs bei Achalasie-Patieten untersucht worden (Gilles et al., 2019, JGH Open). Solche Untersuchungen sind wichtig für die Überwachungsstragie: Wie häufig soll man Achalasie-Patienten eine Kontroll-Endoskopie empfehlen, um Speiseröhrenveränderungen (Krebsvorstufen) möglichst frühzeitig zu erkennen.
Die Studie hat Publikationen aus einem 50-Jahres-Zeitraum eingeschlossen. 27 relevante Arbeiten wurden identifiziert. Aus 16 dieser Arbeiten konnten relevante Zahlen zum Krebsrisiko bei Achalasie-Patienten extrahiert werden
- Länge der Nachbeobachtungszeit (Follow-up)
- Dauer der Achalasie-Erkrankung
um die “Patienen-Jahre-Nachbeobachtungszeit” kalkulieren zu können.
Es wurde in der Analyse unterschieden zwischen
- Speiseröhrenkrebs im ersten Jahr nach Diagnose
- Speiseröhrenkrebs im weiteren Verlauf der Erkrankung
Ergebnisse
Die Inzidenz (Neuauftreten) des Speiseröhrenkrebs bei Achalasie-Patienten betrug 1,36 pro 1000 Patienten-Jahre-Nachbeobachtungszeit. Dies ist 10mal höher als in der Normalbevölkerung.
Die Krebsinzidenz war niedriger im ersten Jahr nach Diagnose, als während der weiteren Jahre.
Schlußfolgerungen
Die Arbeit bestätigt erneut, dass die Achalasie ein Risikofaktor für Speiseröhrenkrebs ist.
Kritische Diskussion
- Der Beginn der Achalasie-Erkrankung ist unzureichend defniert. Somit ist die Kalkulation der “Patienten-Jahre-Nachbeobachtungszeit” eigentlich zu ungenau.
- Speiseröhrenkrebs ist ja eine seltene Erkrankung. Daher ist sie immer noch selten bei Achalasie-Patienten, selbst wenn das Krebsrisiko wie in der Publikation berichtet “10x häufiger” ist als in der Normalbevölkerung.
- Der letzte Satz der Schlußfolgerung der Autoren lautet
“This is strong evidence against the idea that achalasia may be induced by esophageal cancer instead of vice versa. ”
“Dies ist ein starker Beweis gegen die Idee, dass Achalasie durch Ösophaguskarzinome hervorgerufen werden kann, als andersherum”
- erscheint mir die falsche Schlussfolgerung. Der Grundsatz (wie wir ihn schon den Studierenden in der Vorlesung beibringen) lautet nämlich: “Primär und Sekundär immer an ein Karzinom denken.” … Zunächst muss bei Achalasiediagnose immer ein Karznom ausgeschlossen werden, denn es kann ich um eine Pseudoachalasie (durch ein Karzinom) handeln… und im Verlauf der Achalasie können beide Arten von Speiseröhrenkrebs entstehen.
- Die niedriger Krebsrate im ersten Jahr spricht natürlich für den erfolgreichen diagnostischen Ausschluß des Speiseröhrenkrebs. Denn ein im ersten Jahr nach Achalasie-Diagnose diagnostizierter Speiseröhrenkrebs muss wohl eher als “verkanntes” Malignom gelten, was mit den heutign diagnostischen Möglichkeiten eine absolute Rarität ist.
Literaturstelle
Gillies CL, Farrukh A, Abrams KR, Mayberry JF. Risk of esophageal cancer in achalasia cardia: A meta-analysis. JGH Open. 2019 Feb 8;3(3):196-200. doi: 10.1002/jgh3.12132. eCollection 2019 Jun. [PubMed] [Frei verfügbarer Volltext]